Die IST-Aufnahme oder IST-Analyse dient im Rahmen eines systematischen Projektmanagements der objektiven Ermittlung und Darstellung der Voraussetzungen für die Lösungsfindung eines aktuellen Problems („IST-Zustand“). Dazu wird der zu analysierende Prozess in seinem gegenwärtigen Ablauf aufgenommen und dokumentiert. Werden mehrere relevante Prozesse identifiziert, muss entschieden werden, ob alle Prozessschritte untersucht werden oder ob es Sinn macht, sich aus Zeit- und/oder Kostengründen auf einige wichtige Aufgaben und Abläufe zu konzentrieren. Es genügt allerdings nicht, die Aufgaben und Aktivitäten zu betrachten. Vielmehr sollten die Ziele, Mittel und Ressourcen einerseits sowie die Analyse-Methoden andererseits auf den Prüfstand gestellt werden. Die Tätigkeiten (=Prozessschritte) innerhalb eines Prozesses spielen in der Nutzwertanalyse eine entscheidende Rolle. Der Nutzen aus Leistungen und Funktionalitäten einzelner Aktivitäten ist in der Tat nur im Zusammenhang mit der entsprechenden Tätigkeit selbst sowie ihrem Umfeld quantitativ messbar. Dies zeigt auch die Abbildung “Scrhitte der IST-Analyse”
In einem ersten Schritt werden die Ergebnisse einer marktseitigen und einer unternehmensseitigen Analyse zusammengetragen und alternative Grobkonzepte zur Lösungsfindung entwickelt. Diese werden anschließend auf den Prüfstand gestellt, wobei zu entscheiden ist, ob das Unternehmen sich eher am Markt (Outside-in-Strategie) oder an den eigenen Kompetenzen (Inside-out-Strategie) orientieren sollte. Es folgt eine Bewertung der Grobkonzepte im Hinblick auf deren Beitrag zur Lösungsfindung. Zur IST-Aufnahme können sowohl Primär- als auch Sekundärerhebungen, die mittels Befragung, Selbstaufschreibung, Fragebögen und oder Multimomentstudien durchgeführt werden. Hier ist ein Trade-off zu erkennen: Auf der einen Seite führt eine zu schnelle, oberflächliche IST-Aufnahme dazu, dass mögliche Probleme nicht aufgedeckt werden. Auf der anderen Seite kann eine zu genaue Erhebung bewirken, dass man „den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht“.

Die IST-Kritik
Aufgabe der IST-Kritik ist es, aus der Bestandsaufnahme (IST-Analyse) die richtigen Schlüsse für den weiteren Projektverlauf zu ziehen, damit das Unternehmen aus vergangenen Fehlern „lernt“. Eine kritische Würdigung der erhobenen Daten zu den erfassten unternehmerischen Aktivitäten und den daraus resultierenden Ergebnissen soll helfen, die tieferliegenden Ursachen der erkannten Schwachstellen herauszuarbeiten, damit nicht bloß Symptome behandelt werden. Dazu stellt die Betriebswirtschaftslehre ein reichhaltiges Arsenal an Methoden und Techniken zur Problemanalyse zur Verfügung, die bis hin zur Modellierung mittels systemischen Ansätzen reichen. Eventuell erzwingen die neuen Erkenntnisse eine Adaptierung oder gar Neuformulierung der Ziele oder eine differenzierte
Quellen:
- Lehmann, Anna, and Carolin Odebrecht. “Reifegradmodelle im Forschungsdatenmanagement–IT-Prozessoptimierung im Wissenschaftsbetrieb.” Information–Wissenschaft & Praxis 74.1 (2023): 9-21.
- Kerzner, Harold. “Project Management:A Systems Approach to Planning, Scheduling, and Controlling.” (2019).
- Binner, Hartmut F. Methoden-Baukasten für ganzheitliches Prozessmanagement: systematische Problemlösungen zur Organisationsentwicklung und-gestaltung. Springer-Verlag, 2015.
- Becker, Jörg, Martin Kugeler, and Michael Rosemann. Process Management: a guide for the design of business processes: with 83 figures and 34 tables. Springer Science & Business Media, 2003.