Die fortschreitende Digitalisierung hat unsere Welt tiefgreifend verändert. Besonders auffällig ist dabei das rasante Wachstum digitaler Datenmengen: ein Phänomen, das unter dem Schlagwort „Big Data“ bekannt ist. Diese Datenflut entsteht tagtäglich durch die Nutzung digitaler Geräte, durch Transaktionen, soziale Medien, das Internet der Dinge und zunehmend auch durch digitale Bildungsplattformen. Eine Studie von IDC (2021) prognostiziert, dass das weltweite Datenvolumen bis 2025 auf rund 175 Zettabyte anwachsen wird – eine Zahl, die für viele nur schwer greifbar ist, aber die Dimension dieser Entwicklung deutlich macht.
Big Data ist jedoch weit mehr als bloß eine Anhäufung digitaler Informationen. Der wahre Wert dieser Daten liegt in ihrer sinnvollen Nutzung. Durch gezielte Analyseverfahren lassen sich aus scheinbar chaotischen Datenmassen wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Gerade im Bereich des Bildungs- und Wissensmanagements eröffnen sich durch diese Möglichkeiten neue Wege, um Lernprozesse zu verbessern, Bildungsangebote effizienter zu gestalten und Wissen innerhalb von Organisationen gezielt zu nutzen.
Die Charakteristik von Big Data
Das Konzept Big Data wird häufig anhand von fünf wesentlichen Merkmalen beschrieben: den sogenannten „5 Vs“: Volume, Velocity, Variety, Veracity und Value. Diese Dimensionen verdeutlichen, dass es nicht nur um Masse geht, sondern um Tempo, Vielfalt, Qualität und Nutzen der Daten (Mayer-Schönberger & Cukier, 2013).
- Volume bezieht sich auf die schiere Menge an Daten, die täglich produziert wird.
- Velocity beschreibt die Geschwindigkeit, mit der neue Daten generiert und verarbeitet werden.
- Variety verweist auf die Unterschiedlichkeit der Datenformate; strukturiert, unstrukturiert, visuell oder auditiv.
- Veracity steht für die Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Daten.
- Value schließlich bezeichnet den Mehrwert, den Unternehmen und Institutionen aus den Daten schöpfen können.
Diese fünf Dimensionen machen deutlich: Big Data verlangt nicht nur nach leistungsfähigen technischen Infrastrukturen, sondern auch nach analytischer Kompetenz und strategischem Weitblick.
Wie Big Data das Lernen revolutioniert
Im Bildungsbereich wird Big Data vor allem durch Learning Analytics sichtbar. Dabei handelt es sich um die systematische Sammlung und Auswertung von Daten, die während des Lernprozesses entstehen, etwa bei der Nutzung von Lernplattformen, in digitalen Klassenzimmern oder bei Online-Kursen. Diese Informationen geben Aufschluss darüber, wie Lernende mit Inhalten interagieren, welche Schwierigkeiten sie haben, wie lange sie an Aufgaben arbeiten und welche Fortschritte sie erzielen (Romero & Ventura, 2010).
Durch diese Analyse lassen sich Lernprozesse individuell anpassen. Lernplattformen können automatisiert Rückmeldungen geben, alternative Inhalte vorschlagen oder den Schwierigkeitsgrad anpassen. Auf diese Weise entsteht ein adaptives Lernumfeld, das auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen eingeht.
Ein eindrucksvolles Beispiel bietet die Open University in Großbritannien, die Learning Analytics nutzt, um Studierende mit erhöhtem Abbruchrisiko frühzeitig zu identifizieren. Maßnahmen wie gezielte Betreuung und individualisierte Lernunterstützung haben dort nachweislich die Erfolgsquoten verbessert (Rienties et al., 2016).
Datenbasierte Gestaltung von Bildungsangeboten
Auch für Bildungsanbieter bieten Big Data enorme Potenziale. So lassen sich beispielsweise Lehrveranstaltungen, Online-Kurse oder Weiterbildungsformate anhand der gesammelten Daten kontinuierlich verbessern. Analysen zeigen, welche Module besonders häufig wiederholt werden, wo Lernende aussteigen oder welche Inhalte als besonders hilfreich bewertet werden.
Diese Daten können genutzt werden, um Lehrmethoden und Curricula gezielt weiterzuentwickeln. Statt auf subjektive Einschätzungen angewiesen zu sein, erhalten Lehrende und Verantwortliche fundierte Einblicke in den tatsächlichen Lernerfolg und die Nutzererfahrung. Zusätzlich lassen sich mithilfe von Predictive Analytics Trends und Bedarfe frühzeitig erkennen, was die strategische Planung von Bildungsangeboten erleichtert (Ifenthaler & Yau, 2020).
Ein weiteres Plus: Ressourcen wie Personal, Zeit und Infrastruktur lassen sich datenbasiert optimieren. So können beispielsweise Prüfungen effizienter geplant oder Lernmaterialien bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden.
Big Data im Wissensmanagement von Unternehmen
Nicht nur im formellen Bildungsbereich entfaltet Big Data seine Wirkung. Auch im organisationalen Wissensmanagement zeigt sich, wie wertvoll Daten sein können. In Unternehmen ist Wissen eine zentrale Ressource, doch häufig bleibt es ungenutzt, weil es über verschiedene Abteilungen und Personen verteilt ist.
Big Data kann hier helfen, verborgene Wissensbestände sichtbar zu machen. Etwa durch die Analyse von E-Mail-Kommunikation, Dokumentenmanagement-Systemen oder kollaborativen Tools können Muster erkannt werden, die auf Wissensströme und Expertennetzwerke hinweisen. Besonders sogenannte „Wissensknotenpunkte“, Personen, die häufig konsultiert werden oder Wissen weitervermitteln, lassen sich identifizieren (Cross & Spender, 1996).
Diese Erkenntnisse ermöglichen es, internes Wissen gezielt zu nutzen: etwa für Mentoring-Programme, den Aufbau von Communitys of Practice oder die Gestaltung interner Weiterbildung. Zudem lassen sich Kompetenzlücken erkennen und mit passgenauen Lernangeboten schließen.
Ethische Verantwortung und Datenschutz
So vielversprechend der Einsatz von Big Data ist, er bringt auch Herausforderungen mit sich. Besonders heikel ist der Umgang mit personenbezogenen Daten. Hier gelten strenge rechtliche Vorgaben, etwa durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die gerade im Bildungsbereich besonders relevant sind.
Lernende müssen klar darüber informiert werden, welche Daten erhoben werden, wofür sie genutzt werden und wie lange sie gespeichert bleiben. Zudem ist sicherzustellen, dass die Daten anonymisiert oder pseudonymisiert werden, um die Privatsphäre der Nutzer:innen zu schützen (Slade & Prinsloo, 2013).
Neben dem Datenschutz spielt auch die Datenqualität eine entscheidende Rolle. Fehlerhafte oder unvollständige Daten können zu falschen Schlussfolgerungen führen. Daher bedarf es klarer Standards für die Datenverarbeitung sowie qualifizierter Fachkräfte, die die erhobenen Informationen richtig interpretieren können.
Künstliche Intelligenz als nächster Schritt
Eine besonders spannende Entwicklung ergibt sich aus der Verbindung von Big Data mit Künstlicher Intelligenz (KI). KI-Systeme sind in der Lage, komplexe Muster in großen Datenmengen zu erkennen und daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Im Bildungsbereich entstehen dadurch neue Möglichkeiten des adaptiven Lernens, bei dem sich Lerninhalte dynamisch an den individuellen Fortschritt anpassen.
Die Plattform Knewton etwa nutzt Algorithmen, um Lerninhalte basierend auf dem Verhalten und den Erfolgen der Nutzer:innen in Echtzeit anzupassen. Dadurch werden nicht nur bessere Lernergebnisse erzielt, sondern auch Motivation und Engagement gesteigert (Dede, 2011).
Auch im Bereich des organisationalen Lernens können KI-basierte Systeme genutzt werden, um Bedarfe frühzeitig zu erkennen, Empfehlungen für Weiterbildungsmaßnahmen zu generieren oder den Wissenstransfer gezielt zu fördern.
Erfolgsfaktor Unternehmenskultur
Die Implementierung von Big Data-Technologien in Bildungs- und Wissensprozesse ist kein rein technisches Projekt. Ebenso wichtig ist die Gestaltung einer passenden Unternehmenskultur. Offenheit gegenüber Innovationen, Mut zu Veränderung und die Bereitschaft, Entscheidungen auf Basis datenbasierter Evidenz zu treffen, sind wesentliche Erfolgsfaktoren.
Führungskräfte müssen ein Umfeld schaffen, das Lernen fördert und in dem der Einsatz von Daten als Unterstützung, nicht als Kontrolle, wahrgenommen wird. Nur wenn Daten als Ressource und nicht als Bedrohung verstanden werden, kann ihr volles Potenzial entfaltet werden.
Fazit: Der Weg zu einer datenbasierten Lern- und Wissenskultur
Big Data ist kein Selbstzweck, sondern es ist ein Werkzeug, das bei kluger Anwendung zu mehr Effizienz, Qualität und Innovation führen kann. Im Bildungs- und Wissensmanagement eröffnet es die Möglichkeit, Lernangebote individuell zu gestalten, Wissen gezielter zu nutzen und Bildungsstrategien fundierter zu planen.
Wichtig dabei ist: Technologie muss immer im Dienst des Menschen stehen. Nur wenn Daten mit pädagogischer Verantwortung, ethischem Bewusstsein und strategischem Gespür genutzt werden, entsteht echter Mehrwert.
Wie Eonar GmbH Sie unterstützen kann
Die Eonar GmbH begleitet Organisationen auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen, datengestützten Bildungs- und Wissensmanagement. Unser Team aus Expert:innen für Data Analytics, Educational Technologies und Organisationsentwicklung entwickelt passgenaue Lösungen – von der Einführung intelligenter Lernsysteme über die Integration von Learning Analytics bis hin zur strategischen Begleitung bei der digitalen Transformation.
Wir setzen auf fundierte Analysen, anwenderorientiertes Design und langfristige Umsetzungsstrategien. Dabei bringen wir technologische Expertise mit didaktischem Verständnis zusammen. Denn wir wissen: Daten werden erst dann zu Wissen, wenn sie sinnvoll interpretiert und in den richtigen Kontext eingebettet werden.
Ob Sie Ihre Weiterbildung modernisieren, internes Wissen systematischer nutzbar machen oder Ihre Organisation auf datenbasierte Entscheidungsprozesse ausrichten möchten – wir stehen Ihnen beratend und operativ zur Seite. Gemeinsam gestalten wir die Lern- und Wissensprozesse von morgen.
Referenzen
Bichsel, J. (2012). Big Data und Bildung. Bildungsforschung, 9(1), 1–12.
Cross, R., & Spender, J. C. (1996). Managing the transfer of knowledge. Long Range Planning, 29(2), 221–237.
Dede, C. (2011). Emerging technologies, ubiquitous learning, and educational transformation. In M. M. Koehler & P. Mishra (Eds.), Proceedings of Society for Information Technology & Teacher Education International Conference 2011 (pp. 8–13). Association for the Advancement of Computing in Education (AACE).
Ifenthaler, D., & Yau, J. Y.-K. (2020). Utilising learning analytics to support study success in higher education: A systematic review. Educational Technology Research and Development, 68(4), 1961–1990.
Khan, I. U., et al. (2014). Big Data and its impact on business. International Journal of Information Management, 34(2), 173–181.
Mayer-Schönberger, V., & Cukier, K. (2013). Big Data: Die Revolution, die unser Leben verändern wird. München: Redline Verlag.
Rienties, B., Cross, S., & Zdrahal, Z. (2016). Implementing a learning analytics intervention and evaluation framework: What works? In L. Uden et al. (Eds.), Learning Technology for Education in Cloud. Springer.
Romero, C., & Ventura, S. (2010). Educational data mining: A review of the state of the art. IEEE Transactions on Systems, Man, and Cybernetics, Part C: Applications and Reviews, 40(6), 601–618.
Slade, S., & Prinsloo, P. (2013). Learning analytics: Ethical issues and dilemmas. American Behavioral Scientist, 57(10), 1510–1529.
IDC (2021). The Global Datasphere: Forecast to 2025. Retrieved from: https://www.seagate.com/files/www-content/our-story/trends/files/idc-seagate-dataage-whitepaper.pdf
Autorin: Jana-Larissa Grzeszkowiak